Zwei Läufer – zwei Erlebnisse. Darum gibt es von diesem Artikel auch zwei Versionen. Denn jeder von uns hat diesen ersten Halbmarathon individuell empfunden und wir möchten dir natürlich keine Details vorenthalten. Hier ist die Sicht von Krissi. Michis Erlebnisse beim Halbmarathon München kannst du dir in diesem spannenden Artikel durchlesen.
Angefangen hat eigentlich alles damit, dass Michi eines Tages zu mir sagt „Mein Bruder läuft jetzt einen Halbmarathon“. Ich frage daraufhin erst mal, wie lang ein Halbmarathon überhaupt ist. 21,0975 Kilometer also, aha. Hätte mir Michi in diesem Moment auch gesagt, dass wir im Oktober zusammen mit seinem Bruder an der Startlinie stehen würden, hätte ich ihn vermutlich einfach ausgelacht. Na klar, ich sollte auf einmal 21,0975 Kilometer laufen? Laufen hat mir zwar schon immer Spaß gemacht und seitdem wir beide zusammen sind, haben wir das auch vermehrt gemacht. Aber mehr als 6 Kilometer habe ich bisher noch nicht zustande gebracht. Da scheint das doch ein sehr großer Sprung zu sein. Und die Zeit? Auf die Zeit habe ich noch nie geachtet.
Von der Idee zur Wirklichkeit
Während ich das Thema abgestempelt habe à la Michis-Bruder-läuft-seinen-ersten-Halbmarathon, ist es Michi nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und ohne zu wissen, worauf ich mich überhaupt einlasse, habe ich mich schließlich dazu überreden lassen, dass wir uns für den München Halbmarathon 2013 anmelden. Bestimmt kennst du das Gefühl, wenn du bei etwas zusagst, wo du dir im Nachhinein denkst: „Hätte ich mal gewusst, was da auf mich zukommt, dann hätte ich nie im Leben Ja gesagt!“
Ja und so war das auch in diesem Fall. Vermutlich war es gut so, denn hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, womit das alles verbunden ist, dann hätte ich wahrscheinlich abgelehnt. Und ich bin unglaublich froh, dass ich das nicht getan habe!
Das Training
Aber die Anmeldung ist durch und Michi arbeitet einen Trainingsplan für uns aus. Als ich diesen sehe, da staune ich erst mal nicht schlecht. Wow, ganz schön voll. Ich arbeite einfach auf die Tage hin, an denen „Ruhetag“ eingetragen ist.
Wie du dir selbst einen Trainingsplan erstellen kannst, zeigen wir dir in diesem Beitrag.
Drei- bis viermal pro Woche trainieren wir an unserer Ausdauerleistung, unserer Kraft, Koordination und Schnelligkeit. Ab und zu sind auch Trainingstage eingebaut, an denen wir das Laufen mit Radfahren, Schwimmen oder einer Bergtour kombinieren. Nach so einer Einheit sind wir beide froh, um 20 Uhr in unser Bett zu fallen. Einer dieser Trainingstage, der eine Woche vor dem Wettkampf stattfindet, endet mit einem Besuch in einer kleinen Therme. Erst ist es schön, sich von der Anstrengung zu erholen, aber schon nach kurzer Zeit werden wir so müde, dass wir beinahe auf der Liege einschlafen.
Ein großer Moment ist es für mich, die 10-Kilometer-Marke zu knacken. Plötzlich laufe ich im zweistelligen Bereich und es fühlt sich auch noch gut an! Mega! Im Training denke ich nicht an das große Projekt Halbmarathon, sondern konzentriere mich einfach immer auf die aktuelle Einheit. Und wenn ich abends einen Haken hinter den Tag auf dem Trainingsplan machen kann, dann ist das ein gutes Gefühl!
Vorbereitungs-Schlussphase – jetzt wird’s ernst!
Während das Training fortschreitet und ich merke, dass wir unserem großen Tag immer näher kommen, frage ich Michi, wieso wir denn in der Vorbereitung nie versuchen, die 21 Kilometer am Stück zu laufen? Sonst brauchen wir bei unserem ersten Halbmarathon ja gar nicht antreten, oder? Denn unser Training besteht selten aus reinen Ausdauerläufen über 10 oder 15 Kilometer. Meistens laufen wir nicht mehr als 9 Kilometer im gleichmäßigen Tempo, sondern variieren mit Lauf-ABC, Intervalltraining und Steigerungsläufen. Aber der Coach wird schon wissen, was richtig ist.
Unser Maximum an Länge ist ein 16 Kilometer-Lauf, den wir ausgerechnet an einer eintönigen Strecke (8 Kilometer geradeaus an der Isar und das gleiche wieder zurück) laufen. Zwischendurch meine ich, ich kann nicht mehr laufen, denn ich mache immer das gleiche: Einen Fuß vor den anderen setzen, im Rhythmus bleiben, richtig atmen. Die Landschaft um uns herum bleibt einfach gleich und insgesamt kommen uns drei Spaziergänger, einer davon mit Hund, entgegen. Den Lauf beende ich mit Muskelkater und zwei blutigen Zehen. Hmm, vielleicht passen meine Laufschuhe, die ich im Sale bei Adidas gekauft habe, doch nicht so gut?
Im Nachhinein denke ich, dass gerade die eintönige Strecke auf diesem Longrun ein sehr gutes mentales Training war. Denn aushalten müssen auf einer längeren Distanz nicht nur die Beine, sondern auch der Kopf. Und ein Wettkampf findet letzten Endes doch immer im Kopf statt.
Der Tag X – Unser erster Halbmarathon
Natürlich machen wir uns auch Gedanken darüber? Michi hat den Trainingsplan mit einer Zielzeit von etwa 02:15 Std. erstellt. Da er für sich einige Einheiten während des Trainings intensiviert hat und eine höhere Grundfitness hat, peilt er in etwa eine Zeit von 1:55 Std an.
Als wir am großen Tag in Richtung München fahren, fühle ich mich einigermaßen gut vorbereitet. Wir haben etwas Kleines vor dem Start gegessen, fühlen uns gut trainiert und haben ausreichend geschlafen. Außerdem habe ich einige meiner Zehen mit Pflastern versehen, sodass sich die Schmerzen aus dem Longrun nicht wiederholen sollten. Je näher wir der Startlinie kommen, desto größer wird die Aufregung in uns. Werden wir diese Distanz schon schaffen? Was ist, wenn wir nicht im Ziel ankommen? Wir stehen nicht nur zum ersten Mal an der Startlinie eines Halbmarathons, sondern überhaupt nehmen wir zum ersten Mal an einem Wettkampf teil.
Als ich um uns herum die vielen fitten Leute sehe, die sich gerade aufwärmen und bis zum Verbiegen dehnen, fühle ich mich wie der reinste Anfänger. Ich wähle eine Strategie, die ich schon in der Schule für wichtige Prüfungen angewandt habe: Ich rede mir ein, dass ich gut vorbereitet bin, während der letzten sechs Wochen genügend trainiert habe und das schon schaffe. Und das wohl wichtigste dabei ist, dass ich mir absolut keine Gedanken über die Zeit mache. Mein großes Ziel ist hier und heute, dass ich die 21,0975 Kilometer einfach schaffe und als Finisher im Ziel ankomme! Alles andere ist eine Zugabe für mich.
Auf der Strecke beim Halbmarathon München
Er geht los – unser erster Halbmarathon! Am Anfang konzentriere ich mich einfach darauf, meinen Rhythmus zu finden, den Leuten auszuweichen und niemanden umzulaufen. Um uns herum piepen Pulsuhren, viele überholen uns schon jetzt auf den ersten Metern. Aber das ist uns egal, diese Leute sind vielleicht schon mehrere Halbmarathons gelaufen oder haben ganz andere Ziele. Schon nach wenigen Minuten bekomme ich meine Aufregung und Atmung in den Griff und wir haben einfach Spaß am Laufen.
Die ersten 10 Kilometer laufen Michi und ich gemeinsam, sein Bruder hängt uns schon früher ab. Gerade auf diesen Kilometern bin ich froh, Michi an meiner Seite zu haben, denn wir können uns gegenseitig fragen, wie es dem anderen geht, uns gegenseitig motivieren und ablenken. Als wir am Marienplatz angekommen sind, vergewissert sich Michi darüber, dass es mir gut geht und macht sich dann daran, seinen Bruder einzuholen. Da ich jetzt mein Tempo gefunden habe und das auch beibehalten kann, habe ich keine Bedenken, von jetzt an alleine zu laufen.
Bei Kilometer 12 frage ich einen Läufer neben mir, der eine Pulsuhr trägt, wie viel Zeit schon vergangen ist. Da jeder voller Kilometer auf großen Tafeln angekündigt ist, muss ich jetzt nur noch die Zeit wissen. Ich bin schneller als ich gedacht habe, aber weiß auch, dass mir noch 9 Kilometer bevorstehen. Daher erhöhe ich das Tempo nicht, merke aber trotzdem, wie ich auf den weiteren Kilometern vermehrt Leute überhole, die am Ende ihrer Kräfte sind.
Die Versorgungsstationen entlang der Strecke sind sehr willkommen und ohne stehenzubleiben, versuche ich, mir einen Becher Wasser zu schnappen und den Inhalt aufzunehmen. Das klappt ganz gut, auch wenn natürlich die Hälfte daneben geht, und danach fühle ich mich wieder angriffsbereit.
Die Kilometer verfliegen regelrecht und irgendwann bin ich über der magischen 16-Kilometer-Marke hinaus. Das ist jetzt die längste Strecke, die du am Stück gelaufen bist, sage ich mir bei Kilometer 17.
Last but not least
Als ich bei Kilometer 20 zum Olympiastadion und damit in Richtung Ziel abbiege, höre ich den Stadionsprecher durch die Lautsprecher „Nur noch 1200 Meter! Das schafft ihr!“ Oh Mann, ich bin echt gleich im Ziel! Die Leute am Straßenrand jubeln uns zu, ich konzentriere mich darauf, nicht zu hyperventilieren, wenn ich daran denke, gleich im Ziel angekommen zu sein. Es werden lange 1200 Meter, wovon der Einlauf durch den Tunnel ins Olympiastadion ein Highlight ist. Ich habe keine Pulsuhr, keine Zeit- und keine Kilometerangabe, darum denke ich mir nur „Wo ist das verdammte Ziel denn jetzt?“, als ich die Laufbahn entlang laufe und Ausschau nach dem heiß ersehnten Schild halte. Bald habe ich es geschafft, ganz bald! Und endlich ist es in Sicht, ich gebe auf den letzten Metern nochmal alles, was ich habe, und nach 2:00:26 Std überquere ich die Ziellinie!
Was für ein Moment! Die 21,0975 Kilometer sind geschafft! Erst mal muss ich Luft holen und dann hole ich mir meine wohl verdiente Medaille ab! Michi, der in unglaublichen 1:49:18 im Ziel war, wartet schon mit einem Becher Wasser auf mich. Gott sei Dank! In meinem ganzen Körper machen sich Glücksgefühle breit, die die ganze harte Arbeit der letzten Wochen ausgleichen. Es ist so ein wunderbares Gefühl, das große Ziel nun endlich erreicht zu haben, dass ich gar nicht weiß, wohin mit meinen Phenetylaminen.
Die wichtigsten Tipps für deinen ersten Halbmarathon – unsere Erfahrungen
Während des Laufs
Mach dir nicht zu viele Gedanken über deine Zeit und über die anderen Läufer! Es werden dich immer welche überholen und deine Zeit sollte bei deinem ersten Halbmarathon nicht im Vordergrund stehen! Viel mehr solltest du den Lauf einfach genießen und Spaß daran haben!
Starte nicht zu schnell! Das gilt für fast jeden Wettkampf, denn wer zu Beginn seine Kraft raushaut, der wird am Ende nicht mehr viel davon übrig haben. Und dann brichst du bei Kilometer 15 ein und weißt nicht, wie du noch 6 davon schaffen sollst. Starte lieber etwas langsamer und finde dein Tempo. Wenn du zum Schluss merkst, dass du noch Kraftreserven hast, dann kannst du dein Tempo natürlich auch etwas erhöhen.
Ausrüstung
Eine Pulsuhr ist natürlich ein toller Helfer im Sport und auch wir möchten heute nicht mehr auf darauf verzichten müssen. Aber bei deinem ersten Halbmarathon sollte der Fokus klar auf „Finishen“ liegen. Daher ist es vermutlich gar nicht so förderlich, ständig auf die Uhr zu sehen und seine Finisherzeit hochzurechnen. Konzentriere dich lieber auf den Lauf an sich, denn nur wenn du Spaß hast, wirst du auch wieder an den Start eines Wettkampfes gehen. Und beim zweiten Halbmarathon kannst du die Priorität immer noch auf Zeit legen.
Welche Ausrüstung natürlich sinnvoll ist, sind Klamotten und vor allem die richtigen Schuhe. Schuhe, oh ja! Auch beim Halbmarathon hatte ich am Ende blutige Zehen, was absolut nicht angenehm war. Und noch Wochen später hatte ich Schmerzen an den Zehen. Investiere also ruhig Geld in richtige Laufschuhe, die zu deinem Fuß passen. Dafür solltest du unbedingt in ein Sportgeschäft mit guter Beratung (!) gehen, das dir hilft, den richtigen Schuh auszuwählen. Es lohnt sich, glaub uns!
Was mir neben dem richtigen Schuh gefehlt hat, war sicher ein Sport-BH und Laufsocken. Wie ich den ersten Halbmarathon so überhaupt durchgehalten habe, ist mir ja bis heute ein Rätsel.
Bist du schon mal einen Halbmarathon gelaufen? Wenn ja, wie war dein erster? Hast du auch Fehler gemacht, über die du im Nachhinein nur den Kopf schütteln kannst?
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